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Reisen, surfen und remote arbeiten – träum weiter!

Sanft wecken mich die Strahlen der aufgehenden Sonne aus meinen angenehmen Träumen. Ich strecke mich, habe beste Laune und bin energiegeladen. Vögel zwitschern. Ich schaue durchs Fenster direkt aufs Meer. Das Wetter: top! Die Wellen: ein Träumchen! Deshalb springe ich sofort mit meinem Surfboard ins Wasser. Nach einer unglaublichen Session frühstücke ich, denn obwohl ich gestern Abend erst angekommen bin, ist mein Kühlschrank gut gefüllt. Dann mache ich in Ruhe die nächsten Reisepläne. Anschließend gehe ich in den ganz nah gelegenen Coworking-Space und arbeite ein wenig – dank des Highspeed-Internets läuft alles perfekt. Am Abend hüllt mich der Sonnenuntergang in eine leichtfüßige, friedliche Stimmung. Life’s good.

Dazu kann ich nur sagen: Träum weiter!

Es hört sich immer so traumhaft an: Reisen, neue Orte und perfekte Wellen entdecken und die Kohle dafür einfach von unterwegs aus verdienen. Quasi nebenbei. Und genau das ist es in meinen Augen: ein Traum. Etwas, das wir uns in unserer Vorstellung (oder ich in meiner) ausmalen oder was Instagram uns immer wieder erzählen will, das aber so nicht existiert.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass viele Menschen dieses Bild im Kopf haben, wenn ich von „Remote-Arbeit“ rede. Zugegeben, ein bisschen hatte ich diese Vorstellung anfangs auch – schade 😀

Die Liste der Gründe reicht von fehlender Routine, verschimmelten Airbnbs mit Vorschlaghammer-Sounds, Erschöpfung vom ständigen Organisieren bis hin zu stockendem oder komplett fehlendem WLAN. Das sind zwar die krassen Schattenseiten des Reisens, aber sie gehören eben teilweise dazu – und erschweren einen normalen Arbeitsalltag.

Für mich persönlich hat es sich deshalb bewährt, Reisen im engeren Sinne einfach vom Remote-Arbeiten zu trennen.

Letztes Jahr war ich mit dem Van in Spanien auf „Workation“. Was locker-flockig aussieht, war schön, aber auch schön anstrengend!

Reisen braucht Zeit

Beim Reisen ist es mein Ziel, in Orte, Landschaften oder Kulturen einzutauchen, Neues kennenzulernen und vielleicht auch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich der Alltag anfühlt. Surfspots zu testen. Beziehungsweise deren Waschmaschinen. Und das braucht Zeit.

Immer unterwegs – auch im Kopf

Denn Reisen heißt auch, unterwegs zu sein. Vielleicht nicht permanent zu anderen Orten, aber ich habe gemerkt, dass ich im Kopf permanent damit beschäftigt bin, neue Eindrücke wahrzunehmen und mich an neue Rhythmen, Abläufe oder klimatische Bedingungen anzupassen. Deshalb braucht (mein) Reisen Zeit – zum Erleben, zum Organisieren, zum Verweilen, aber auch zum Verarbeiten.

„Manuelle Steuerung“ auf Reisen braucht Energie

In seinem Buch „Slow Travel“ stellt der Autor (keine bezahlte Werbung) unter anderem die Vermutung auf, dass unser Gehirn beim Reisen von Autopilot quasi auf „manuelle Bedienung“ umstellt, weil die normalen Routinen und Automatismen eben nicht funktionieren und wir uns an neuen Orten erstmal zurechtfinden müssen. Diese Beobachtung finde ich spannend und plausibel. Die manuelle Steuerung kostet neben Zeit auch einiges an Energie. Anfangs unterlag ich der Vorstellung, dass ich morgens an einem neuen Ort ankommen, surfen gehen und später dann noch etwas abarbeiten könnte. Und natürlich Natürlich lege ich unterwegs auch mal eine professionelle Foto-Session ein, tippe in einem Café einen Blogartikel oder erledige abends in der Unterkunft noch ein paar Dinge. Aber zwischen all den „Reise-Aufgaben“ einem Vollzeit-Job nachzugehen und sich voll darauf zu fokussieren, halte ich für nicht vollständig realisierbar.

Zumindest nicht, wenn man sich wirklich intensiv mit dem beschäftigen möchte, was oder wer einem auf der Reise begegnet.

Am Ende fühlte ich mich immer wieder unterbrochen oder abgelenkt vom Reisealltag und hatte oft das Gefühl, weder dem Arbeiten noch dem Reisen genug Aufmerksamkeit gewidmet zu haben.

Ortsunabhängiges Arbeiten

Etwas anders sieht es beim ortsunabhängigen Arbeiten aus. Wenn ich mir einen Ort aussuche, an dem ich länger bleibe (zum Beispiel einige Wochen oder Monate) und von dem aus ich nicht schon in der nächsten Woche weiterreisen muss, habe ich die nötige Zeit, mich sowohl auf den Ort einzulassen als auch mir eine Tagesstruktur aufzubauen. Deshalb nehme ich mir fürs Reisen meist frei oder arbeite nur sehr reduziert.

„Ortsunabhängig“ meint in meinem Fall vor allem, dass ich gerne unabhängig von einem Büro an einem bestimmten Ort bin. Nichtsdestotrotz steht mein Bürostuhl nicht am Strand – und das ist z.B. mit Blick auf ein ergonomisches Arbeitsumfeld auch gut so.

Das Schöne?

Suprise: Reisen und Remote-Work sind natürlich kombinierbar. Ich kann zuerst zwei Wochen herumreisen, um mich dann an einem Ort, an dem es mir besonders gut gefällt und wo ich alles habe, was ich brauche, längerfristig zum Arbeiten niederzulassen. Dass das gut tut, hat beispielsweise die AOK auch schon herausgefunden – im Artikel allerdings im Zusammenhang mit der „Workation“, die (oder besser gesagt dessen Bezeichnung) ich mittlerweile kritischer hinterfrage.

Für die, die es interessiert: Darauf achte ich beim ortsunabhängigen Arbeiten:

Enjoy! Tina

Tina Gutes tun

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Ein Dorf mit Häusern und einer Straße.
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Remote arbeiten – Fluch und Segen?

Das Flugzeug setzt in Bordeaux auf. Endlich. Sicher gelandet. Der Puls geht runter (hab Flugangst).

Die Bremsen heulen, danach das übliche Drama: Wer ist am wichtigsten und muss als erstes das Flugzeug verlassen? Alle natürlich. Ich bleibe sitzen, denn ich habe keinen Termin.

Als ich im Gang des Flugzeugs langsam Richtung Ausgang gehe, plumpst die Frau hinter mir bei jedem Mal, das ich auf dem Gang anhalten muss, von hinten gegen meinen Rucksack und tritt mir so oft in die Hacken, dass ich mich schließlich mit bösem Blick umdrehe. Eigentlich gar nicht mein Style, aber nach zwei Wochen Berliner U- und S-Bahn-Wahnsinn bin ich sensibilisiert. Was soll das?!

Warum es alle so eilig haben, das Flugzeug zu verlassen, kann auch die Stewardess nicht verstehen: Mit mitleidvollem Blick schaut sie auf die Daunenjacke, die ich wegen der 28°C, bei denen ich in Berlin ins Flugzeug stieg, über meinem Arm anstatt an mir trage:

„Ziehen Sie die mal lieber an“, empfiehlt sie in fast mütterlichem Ton. Und dann höre ich ein Prasseln …

Der Sprühregen und die 13°C schießen mir schon ins Gesicht, noch bevor ich das Flugzeug ganz verlassen habe. Welcome to Bordeaux, the South of France.

„Cool, mal wieder in die falsche Richtung geflogen“, denke ich mir. Vor zwei Wochen reiste ich aus dem sommerlichen Frankreich in die 5°C kalte Berliner Eis-Hölle, bevor sich das Blatt überraschend wendete und ich am ersten Mai in Top und kurzer Hose durch Berlin-Kreuzerg (hippes Viertel) tanzte. Und nun das.

Ein Hoch auf das ortsunabhängige Arbeiten – vorausgesetzt, man hat sich vorher eingehend mit dem Wetterbericht beschäftigt.

Auf der Zugfahrt vom Flughafen in meine aktuelle Wahl-Heimat (kleines Surfer-Dorf am Atlantik) denke ich über das ortsunabhängige Arbeiten nach. Vor allem überlege ich, wonach ich mein Zuhause auswähle, jetzt wo der Job es mir nicht vorschreibt.

Oft ist es ja so, dass man für einen Job oder ein Studium irgendwo hinzieht. So war es für lange Zeit auch bei mir.

Irgendwann habe ich das „Ich ziehe dahin wo der Job/die Uni ist“ infrage gestellt und den Spieß umgedreht: Ich überlegte mir zuerst, wo ich leben wollte und suchte mir danach einen Job vor Ort. Die Wahl fiel damals auf Berlin.

Ich bemerkte, dass viele das damals als „mutig“ oder „dumm“ hielten, ich sah das aber irgendwie nie so. Für mich fühlte es sich eher normal an. Ich nahm das finanzielle Risiko in Kauf – ich wollte einfach unbedingt wissen, ob es klappen kann.

Es funktionierte, und trotzdem fühlte ich mich nach einigen Monaten in Berlin wieder wie angekettet.

Es dauerte etwas, bis ich herausfand, dass es eher an den Rahmenbedingungen des Jobs lag, dass ich mich unwohl fühlte. Zeitlich und örtlich unabhängig arbeiten zu können, wurde durch diese Erkenntnis für mich zu einem sehr wichtigen Faktor.

So stand ich auf einmal vor einer ganz anderen Frage:

Wohin will ich denn überhaupt? Wo will ich zuhause sein, wie soll mein Alltag aussehen, wenn es mir vom Job her freisteht? Will ich in Berlin bleiben? Woran mache ich das fest? Welche Faktoren helfen mir dabei?

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es mir auf einmal so schwerfallen würde, meine Komfortzone Berlin wieder zu verlassen, nun wo ich doch „frei“ war.

Und mit Corona hatte ich auch nicht gerechnet.

In der Zeit wurde mir bewusst, dass ich die Freiheit, ortsunabhängig arbeiten zu können, auch ganz schnell mal wieder verlieren kann. Das rüttelte mich wach.

Schon länger hatte ich den Wunsch, mein Leben nach Frankreich zu verlegen, in einen kleinen Ort am Meer. Ohne S- und U-Bahn, dafür mit Surfbrettern und Pläuschchen mit den Nachbar:innen. Einen krasseren Kontrast zu Berlin hätte ich eigentlich nicht wählen können.

Und doch musste es sein: Schließlich verließ ich Berlin für den kleinen Surfer-Ort in Frankeich. Ich wollte unbedingt sehen, ob es klappen kann. Wie es sich anfühlen würde. Ob der Alltag besser zu mir passen würde.

Das alles ist über ein halbes Jahr her. Als ich, nach einem zweiwöchigen Berlin-Besuch, wieder an meinen Wahlort in Frankreich fahre, fällt mir auf, dass mir der Wechsel gut getan hat. Ein schlechtes Zeichen? Ich glaube nicht – im Gegenteil.

Ich mag Berlin, und ich liebe dieses kleine Dorf in Frankreich. Ich fühle mich an beiden Orten zuhause. Beides inspiriert mich gleichermaßen und doch auf unterschiedliche Art und Weise. Beides ist nicht miteinander vergleichbar.

Ich kann an vielen Orten leben und arbeiten – eine Freiheit, die ich brauche, aber die mich auch manchmal überfordert. Wenn ich nicht weiß, wohin ich gehen soll, wenn ich meine Freund:innen vermisse oder wenn Dinge schiefgehen. Trotzdem überwiegt das Positive.

Und wenn dann an einem Ort das Zuhause-Gefühl entsteht, ist das was richtig Gutes. Manchmal braucht es etwas Zeit, bis das passiert.

Ich denke, das Zuhause-Gefühl ist (neben anderen Faktoren) ein guter Wegweiser dafür, wo ich länger bleiben möchte. Gleichzeitig will ich die Welt erkunden, um weitere Orte zu finden, die dieses Gefühl auslösen können. Denn ich bin überzeugt, es gibt viele davon. Für mich ist das Remote-Arbeiten trotz der Abstriche (auf beruflicher Ebene z.B. kein persönlicher Kontakt mit dem Team, nicht immer ein abgetrenntes Arbeitszimmer zur Verfügung etc.) nach wie vor der Rahmen der Wahl.

Als ich in meinem kleinen Apartment am Meer ankomme, öffne ich die Tür. Es fühlt sich gut an. Ganz normal. Ich sehe den Ozean, und bin dankbar für diesen Luxus.

Ich schaue mein Surfboard an, wie es zustimmend an der Wand lehnt. Welch ein Glück, im kleinen Surfer-Ort in Frankreich ist das Zuhause-Gefühl da 😊

Enjoy

Tina