Eine leichte Brise streicht durch die Pinien und transportiert dessen unverwechselbaren Duft in meine Nase. Ich atme tief ein. In meinem Kopf erscheinen Bilder.
Bilder von lauen Spätnachmittagen, an denen ich, verschwitzt, klebend, voller Sand und glücklich auf meinem Beach-Fahrrad nach Hause zur Surf-Lodge fahre. Mein Surfboard liegt nach getaner Arbeit neben mir auf den Racks. Es ist ruhig, ich höre wie die Räder die trockenen Pinienhalme knackend überfahren. Schwerfällig und glücklich trete ich in die Pedalen, wärend die Abendsonne mein Gesicht wärmt, in dem Zink-Reste kleben. Der Fahrtwind kühlt genau richtig und hält mir die Haare aus dem Gesicht.
Der einmalige und unverwechselbare Duft aus Pinien, Sonnencreme und Meersalz hat sich für immer in meinen Kopf eingebrannt und ist mit dem wohligen Gefühl von Glück und Zufriedenheit in diesem Moment verbunden.
Als mich die ersten Regentropfen treffen und mich in die Realität zurückholen – in der es fast noch Winter und der Himmel grau ist – schleicht sich eine Mischung aus Gefühlen in mir hoch, die ich nicht anders beschreiben kann als Heimweh. Nur eben nach Sommer, anstatt nach einem Ort.
Sommer-weh.

Eingefrorener Surfer-Lifestyle
Mir fehlt die wohlige Wärme der Abend-Sonne, dessen Kraft die Duftnoten „Pinie“, „Sonnencreme“ und „Meersalz“ erst so richtig entfalten kann. Wie ein Parfum, dass erst auf der Haut so richtig zur Geltung kommt.
Mir fehlen die Surf-Sessions in soften Sommer-Wellen, in denen man im Wetsuit an zu schwitzen fängt.
Es fehlt mir, dass das Leben nach den Gezeiten (und damit den besten Wellen) getaktet wird, immer mit diesem kleinen Angstgefühl im Bauch, man könnte ein Meeting ausgerechnet in das beste Zeitfenster zum Surfen gelegt haben. (würde ich ein Meeting unter falschem Vorwand für die Wellen verschieben? Niemals! …)
Dann fehlt mir das zufriedene Gefühl, völlig ausgepauert nach einer guten Surf-Session nach Hause zu fahren, in dem Bewusstsein, für die nächsten Tage alle meine Muskeln bis ins Detail zu spüren (jaja, ich weiß, mit der richtigen Ausrüstung surft man auch im Winter gut, interessiert hier aber gerade niemanden …).
Mir fehlt es, Barfuß zu laufen, auch wenn der heiße Sand mir nicht nur einmal die Füße weg gebrannt hat (Pro-Tipp: Socken).
Mir fehlt es, abends bei lauer Brise am Strand zu sitzen. Mir fehlt es, spektakuläre Sonnenuntergänge zu beobachten, bei denen die Temperatur zu dem passt, was der Himmel verspricht.
Mir fehlt es, dass alles etwas langsamer geht, und irgendwie aber doch mehr los ist, dass alle irgendwie alles etwas lockerer nehmen und etwas umsichtiger sind (weil Sonne und besser drauf und so).
Hier im kleinen französischen Dorf, fehlt mir sogar ab und an der Sommer-Touri-Troubel (erinnert mich im Sommer nochmal dran). Es fehlt mir, die verschiedenen Vans in allen möglichen Ausführungen zu beobachten und die Surf-Anfänger:innen den Zauber der ersten Wellen feiern zu sehen (bis sie mir dann im Wasser die Vorfahrt nehmen und mich überfahren).
Als der kalte Wind erneut durch die Pinien und scharf durch mein Gesicht zieht, lautet mein Fazit: Mein zuckersüßer Surfer-Life-Style passt einfach nicht gut zum Winter. Und ich auch nicht.
„Bald“
Ich atme nochmal tief ein und merke: Es reicht. Es war genug Winter. Es war kalt und ruhig genug. Ich hab genug genölt. Es ist Zeit für Sonne und Meer und Aktivität. Surfen, in meinem Fall.
Wie früher, als ich klein war und Heimweh bekam, sagte man mir: „Es dauert nicht mehr lange“, oder „bald bist du wieder zuhause“. So richtig habe ich das nie geglaubt.
So richtig glaube ich es auch jetzt nicht, schließlich sind wir im April, es sind maximal 13 Grad und die letzten zwei Tage hat es aus Kübeln geschüttet.
Aber, ich bin geduldig. Als die Tropfen mehr und größer werden, spanne ich den Schirm auf, und denke: „Immerhin, der Himmel hat auch Sommerweh“, und damit gebe ich mich zufrieden.
Enjoy
Tina
Tina etwas Gutes tun
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