Blog

Mimimi?! Wie ich das „Après-Reise-Tief“ nutze

Mimizan-Plage, Freitagabend, 23:00 Uhr, ca. drei Grad Celsuis.


Mit einer Radkappe weniger, schmerzendem Gesäß und leerem Geldbeutel, aber einem neuen Surfboard im Gepäck, rolle ich auf den stockdunklen und von Sand verwehten Parkplatz „zuhause“ in Frankreich. Eben noch in Portugal, jetzt wieder hier.

Ich stelle den Motor ab. Der Wind heult.
Krass. Was für eine Reise.

Ich bemerke, dass meine Scheinwerfer noch an sind und meinem Nachbarn unangenehm direkt ins Wohnzimmer leuchten, nach dem Motto „I am back!“. Die Rolläden des Nachbarn gehen runter. Ich mache das Van-Licht aus. Party vorbei.

Ich öffne die Tür und bin auf der Stelle erfroren. Der kalte Wind peitscht mir den letzten Rest Energie aus dem Körper, das schwarze Meer töst bedrohlich im Hintergrund.

Kulturbeutel, Brot, Schlafanzughose und den klammen Wetsuit – mehr hole ich nicht aus dem Auto. Nicht mehr heute „Nacht“.

Nach der Reise: Ankommen und runterkommen?

Ich schließe meine Wohnungstür auf und genieße es, in die eigenen ruhigen vier Wände zu kommen. Erstmal Heizung an. In drei Sekunden verwandelt sich die ordentlich hitnerlassene Wohnung (Schulterklopfer für mich) in eine Kleider-Taschen-Chaos-Hölle. Egal.

Nachdem ich mir mit letzter Kraft ein Butterbrot gemacht und die Zähne geputzt habe, fällt die Müdigkeit wie eine aus dem Nichts kommende Monsterwelle über mir zusammen. Leicht benommen schaffe ich es nicht mal mehr in meinen Schlafanzug – und falle in voller Montur ins Bett.

Als ich am nächsten Morgen checke, wo ich bin, geht der Funktionsmodus los: Van ausräumen, Wäsche waschen, sortieren, aufräumen, alles verstauen, Orga für die nächsten Tage, einkaufen. Ich gehe zum Meer und latsche durchs Dorf, um Hallo zu sagen. In den ersten zwei Tagen nehme ich mir keine einzige Minute zum Durchatmen …

… und dann holt sie mich doch ein: Die Stille nach einer Reise.

Der Moment, wenn man wieder in den eigenen vier Wänden sitzt, und denkt: Krass … und jetzt?

Den Schalter umlegen: Von Manuelle Reise-Steuertung auf Zuhause-Autopilot

Es ist schön, „nach Hause“ zu kommen, eine Art Zufluchtsort zu haben. Ein Ort, an dem die Heizung funktioniert, die Dusche warm ist und der Kaffee aus einer elektrischen Maschine serviert wird.

Gleichzeitig ist es für mich immer wieder auch eine herausfordernde Zeit. Ich muss eine neue Routine finden, vergessene Probleme und Unterlagen holen mich ein, ach ja, die Steuer, da war ja was. Vor allem aber ist es eine Zeit, in der mich Wellen der Verarbeitung einholen.

Auf Reisen erlebe und erfahre ich so vieles, bekomme so viele Antworten und gleichzeitig tun sich so viele neue Fragen auf, dass ich unterwegs keine Zeit habe, das alles zu verarbeiten.

Auf Reisen ist immer irgendwas los, muss irgendwas organisiert oder irgendein Surf-Forecast analysiert werden. So viele tolle Menschen, so viele neue Geschichten und Lebensentwürfe und hast du nicht gesehen. Und dann ist irgendwas mit dem Van, Werkstatt suchen, dies das.

Jetzt ist das Konto leer (was ganz Neues!), aber mein Kopf so voll und mein Herz so erfüllt. Das ist mein Reichtum, aber Reichtum muss auch gut verwaltet werden. Deshalb geht die „Arbeit“ nach einer Reise erst los: Was will ich mitnehmen? Worüber will ich mir nochmal näher Gedanken machen? Was war gut, was nicht, was kann besser sein? Wie habe ich mich wo gefühlt?

Das alles braucht Zeit und vor allem Energie. Gleichzeitig entsteht zuhause eine Art Loch, wenn der Reise-Abenteuer-Wahnsinn einem normalen Alltag weicht. Die Gedanken schweifen ab, ich starre in meinen Laptop, was mache ich hier eigentlich. Geld verdienen, ach ja. Okay.

Ich glaube es ist der Kontrast zwischen so intensiv im Moment leben, wie man es auf Reisen fast jeden Tag tut, und dann der Alltagsroutine, die keinesfalls schlecht ist, aber in der auch eher der Autopilot eingeschaltet wird. Dieses „Umschalten“ braucht Zeit und geht besser mit ein paar kleinen Tricks.


Après-Reise-Tief: Was hilft in dieser Zeit nach der Van-Reise?

Danke an … mich?!

Mir persönlich tun verschiedene Dinge gut. Ich versuche, mich möglichst oft in den Moment zurückzuholen und Dankbarkeit zu üben. Hört sich banal und nach Kalenderspruch an – hilft aber!

Jetzt bin ich zu Hause, das ist auch schön. Ich habe Zeit, mich um Liegengebliebenes zu kümmern, den Van sauber zu machen, Freundschaften wieder mehr zu pflegen, neue Ideen umzusetzen, mir die nächsten Ziele zu überlegen und (vor allem) mein neues Surfboard zu bewundern. Ich will versuchen, zufrieden zu sein mit dem, was ist. Denn das ist mehr als genug.

Dabei geht es aber nicht nur um die Dankbarkeit für das, was ich jetzt im Moment habe, sondern auch für das, was war: Dass auf der Reise alles gut gegangen ist, dass ich gesund geblieben bin, dass ich tolle Menschen getroffen und wunderschöne Orte und Surfspots entdecken durfte. Und ganz eventuell danke an mich selbst, dass ich so eine krasse Reise umgesetzt und mir nebenbei noch den Traum vom eigenen Surfboard erfüllt habe. NICE!

Sport und Bewegung: Runterkommen und Reise-Verarbeitung

Ich verarbeite gut, indem ich mich bewege. Ich gehe kilometerweit spazieren, mal mit Musik, mal ohne, mal am Strand, mal im Wald. Mal lasse ich meinen Gedanken freien lauf, mal versuche ich, mich auf das zu konzentrieren, was mich umgibt. Hilft!

Schreiben: Von Reise-Tagebüchern und neuen Surfboards

Aufschreiben hilft, das ist einfach so. Beim Schreiben gehe ich Situationen, Fragen oder Gefühle nochmal durch – und finde nicht immer die perfekte Antwort, aber manchmal viel mehr Klarheit dabei. Das hilft, weil sich das Thema dann „abgeschlossener“ anfühlt und in Kopf nicht mehr so große Wellen schlägt. Was mir aber auch hilft, ist, meine eigenen Reise-Tagebücher nochmal durchzulesen. Fast schon Vergessenes taucht auf, häufig sind es die kleinen Situationen, manchmal aber auch die ganz großen Momente. Das hilft, die Reise nochmal aufleben zu lassen und sich daran zu erfreuen (mein eigenes Board, yes!!).

Hands-on: Umsetzung neuer Ideen in kleinen Schritten

Reise-Tina: „Ich kündige meine Wohnung und lebe vollzeit im Van!“ Zuhause-Tina: „Ist klar. Mach evtl. erstmal deine Steuererklärung“.

Vielleicht kennst du es auch: Die vielen Ideen, die auf Reisen entwickelt werden, und dann doch irgendwo im Alltag untergehen. Was für eine Verschwendung! Für mich persönlich sind diese Ideen super wertvoll, denn auf Reisen wird (zumindest erstmal im Kopf) das möglich, was zuhause nicht mal im Traum machbar erscheint. Das liegt auch an Gesprächen mit Menschen, die diese Träume vielleicht schon umgesetzt haben und ich sehe, was überhaupt alles machbar ist.

Die Kunst ist es dann, diese Träume zuhause nochmal zu überprüfen, sie „realitätstauglich“ zu machen und (ganz wichtig), sie dann in kleine Häppchen zu zerlegen.

Und dann: Dranbleiben. Damit das irgendwie klappt, fange ich wirklich in ganz kleinen Schritten an. Eine Garantie ist das natürlich nicht, aber es steigert die Chancen, dass irgendwann wirklich Veränderung eintritt.

Coaching

In der intensiven Zeit nach einer Reise bietet sich auch ein Coaching total gut an. Es kann Gold wert sein, nochmal mit einer Person gezielt über aufeploppte Fragen zu sprechen. Coaches können vor allem auch dabei helfen, einen Fahrplan für Veränderungen auszuarbeiten und in die Umsetzung zu kommen.

Fazit: Das Après-Reise-Tief akzeptieren und nutzen

Es gibt bestimmt viele Möglichkeiten, sich in der Zeit nach einer Reise wieder zu motivieren. Erstmal ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, wieder im Alltag anzukommen. Anschließend funktioniert das mit der Dankbarkeit und dem Revue passieren lassen auf der einen, und der Umsetzung kleinerer Ideen auf der anderen Seite am besten für mich.

Enjoy

Tina


Hat da jemand Kaffee gesagt …?

Neben Teilen, Liken, Kommentieren etc. kannst du mir jetzt auch einen Kaffee ausgeben! Gerne können wir den auch virtuell zusammen trinken. Liebe geht raus ❤️http://buymeacoffee.com/tinaswave

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert