Blaue Sitze im Zug
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Adventure-Game Zugreise, Endgegner: Deutsche Zugreise-Unternehmen

Ich stehe am Aachener Hauptbahnhof und frage mich, ab welchem Moment eingefrorene Füße wirklich kritisch werden können. „Das dauert“, habe ich den Kommentar einer Freundin im Ohr. Für den Moment halte ich mich daran fest.

Ich spüre meine seit einer ganzen Weile nicht mehr, denn ich habe a) das falsche Schuhwerk für Deutschland an und b) hab mich trotz schlechter Reviews und Erfahrungswerte wieder mal aufs Adventure-Game Zugreise eingelassen.

Spiel-Start: Kölner Hauptbahnhof

Heute Morgen war klar, dass der Zug einer internationalen Zuggesellschaft, nennen wir ihn „Zug E“, der mich von Köln nach Paris bringen sollte, bereits so viel Verspätung haben würde, dass ich meinen Anschluss nach Bordeaux definitiv verpassen würde. Ich wusste also, dass ich schon am ersten Level des Spiels Zugreise scheitern würde, bevor ich überhaupt eingestiegen war. Man könnte sagen, das ist „Next Level“, aber im Grunde sind wir es ja leider gewohnt.

„Da fährt aber normalerweise auch noch ein Zug früher“, brachte mich eine Freundin auf eine hoffnungsvolle Alternative. So dackelte ich morgens um sechs bei gefühlt minus 100 Grad mit meinem 50-Kilo-Koffer (zum Glück übertreibe ich ungern) zum Kölner Bahnhof. Das Erste, was ich dort sehe: Der Zug E nach Paris um 6:44 Uhr fällt aus. Surprise!

Durch die Geheimtür nach Aachen oder: Regio statt erste Klasse!

Doch dann finde ich eine Geheimtür im Spiel: Den in kaltem weißen licht leuchtenden Eingang zum Reisezentrum eines nächsten Zugreiseunternehmens, nennen wir es „Zug D“, wo mir eine Mitarbeitende selbstbewusst eine Alternativ-Verbindung schildert. Stimmt, warum bin ich nicht selbst auf die mit drei Umstiegen beladene Geheim-Verbindung gekommen?!

Das Hoffnung steigt. Aber auch der Gaming-Adrenalin-Pegel. Anstatt, wie auf meinem Ticket „1. Klasse Köln-Paris direkt“, soll ich nun mit einem Regionalzug erstmal nach Aachen. Dort würde ich in einen schnelleren Zug bis Brüssel steigen und einen frühere Verbindung nach Paris erreichen – und damit auch meinen Anschluss nach Bordeaux. Spiel-Tag gerettet – vielleicht.

Ich sage lebewohl zu meiner Direktverbindung mit Premium-Platz in Zug E und schalte mir das nächste Level frei: Natürlich muss ich das zusätzliche Ticket für den schnelleren Zug D nach Brüssel bezahlen, weil es zwei unterschiedliche Reise-Anbieter sind und ich ja nun auf meinen Erste-Klasse-Platz im Zug E verzichte. Den Regio bezahle ich nur nicht, weil ich noch ein Deutschland-Ticket in Petto habe. Die Ironie kennt keine Grenzen im Adventure-Game Zugreise.

Das erkennt auch die Mitarbeitende im Reisezentrum. „Viel Glück“ und einen mitleidvollen Blick gibt sie mir als gratis Goodie mit auf den Weg.

Die neue Spiel-Strategie erweist sich mit jedem Blick auf die Anzeigetafel in Köln als tückisch: Der Regionalexpress hat bereits bei Abfahrt einige Minuten Verspätung und sammelt nochmal beachtliche 30 Minuten auf dem Weg nach Aachen ein.

Verfrorene Hoffnung auf Weiterreise: Game over im zweiten Level?

Kurz: Als ich in Aachen ankomme, ist der gewünschte Anschluss bereits auf dem Weg nach Brüssel – und zwar ohne mich. Level 2: Nicht geschafft. Damit ist klar, dass ich den Anschluss nach Bordeaux nicht mehr erwische und mir den Umweg hätte sparen können. Verbleibendes Leben: Der Zug E nach Paris, den ich ursprünglich (!) in Köln nehmen wollte, denn der fährt zum Glück auch über Aachen.

Fragt sich nur  … wann. Denn so schnell wie er auf der Anzeigetafel aufgetaucht war, ist er auch wieder verschwunden. Niemand weiß etwas – klar, denn wir sind ja auch schon im höheren Spiele-Level.

Statt also – wie ursprünglich geplant – auf meinem gemütlichen, ruhigen Platz in Zug E zu sitzen und Kaffee zu trinken, friere ich mir in Aachen die Füße weg und suche verzweifelt nach einem Cheat-Code (cheaten=schummeln). Gut, dass ich für die Aktion sogar noch draufgezahlt habe. Anscheinend habe ich damit die Special Edition des Adventure-Games Zugreise erworben.

So geht wohl das Spiel Bahnfahrt: Bringe viel Geld mit und traue niemandem, der dir auch nur ansatzweise eine vermeintliche Lösung präsentiert, selbst wenn das Licht des Reisezentrums noch so grell leuchtet.

Da sich dieses Mal kein geheimes Portal öffnet, verbringe ich die erste Stunde Warten in einem Café gegenüber vom Bahnhof, dessen Türen bei Temperaturen um den Nullpunkt sperrangelweit offenstehen. Wahrscheinlich soll es sich niemand zu gemütlich machen, schließlich heißt es „Adventure-Game“ Zugreise und nicht etwa gemütliche Gondelfahrt.

Ich gehe zurück zum Gleis und komme mit einer Gruppe ins Gespräch. Mein Blick bleibt an der Handtasche einer Frau hängen, aus der verheißungsvoll der goldene Hals einer Prosecco-Flasche hervorguckt. Mädels-Wochenende in Paris war der Plan. Kurz überlege ich, ob das der Cheat-Code ist: Gemeinsam eine Mitfahrgelegenheit nach Paris suchen und Prosecco trinken.

Und dann passiert es doch noch: Zug E fährt nach ca. zwei Stunden verheißungsvoll wie der Hogwarts-Express ein und reißt mich aus meinen blubbernden Prosecco-Gedanken. Alle sind einfach nur dankbar, dass überhaupt noch ein Zug kam.

Zugreise durchgespielt: Schlecht umgesetztes und überteuertes Strategiespiel mit unrealistischem Aufbau

Im Zug sitze ich die erste halbe Stunde mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Stress wie angewurzelt auf meinem Platz. Als ich einen Kaffee UMSONST bekomme, bin ich fast etwas misstrauisch. Ich hatte vergessen, dass ich erste Klasse gebucht hatte.

In Paris angekommen, muss ich für weiteres Geld (!) das nächste Level freischalten, denn mein ursprüngliches Ticket bis Bordeaux hat seine Gültigkeit verloren. Immerhin: Ich erwissche den allerletzen Zug des Tages.

Kaum zu glauben: Ich habe das Spiel entgegen aller Erwartungen noch am selben Abend durchgespielt und die Atlantik-Küste in Frankreich erreicht, was ich sehr viel Glück, unglaublich lieben Freunden und vor allem (!) einer aufgeladenen Kreditkarte zu verdanken habe.

Die Reise war anstrengend, ätzend, kostete VIEL mehr Geld als nötig oder geplant, aber brachte mich immerhin mit Menschen in Kontakt und vor allem nach Hause.

Spoiler: Ich renne natürlich noch immer einer Entschädigung hinterher. Game-over!

Enjoy

Tina

Tina etwas Gutes tun

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Layover: Die Kraft der Zufallsbegegnungen

Es war eine unruhige Nacht. Etwas benommen krabbele ich in voller Montur, Daunenjacke und etwas zu tief im Gesicht hängender Mütze aus meinem Van.

Am Abend zuvor bin ich auf einem Campingplatz kurz vor der spanischen Küstenstadt Huelva gestrandet. Vielleicht ist „gestrandet“ etwas übertrieben, aber ganz geplant war der Stopp nicht. Zumindest hätte ich vor 24 Stunden noch nicht damit gerechnet, hier zu landen. Aber was war auf dieser Reise (all meinen Reisen …) schon geplant.

Spanischer Reise-Traum mit Hindernissen

Eigentlich sollte es ein spanischer Traum werden, mein Roadtrip (Einsatz: Kastanietten-Geklacker). Und das war es zum größten Teil auch. Mein Herz geht auf, wenn ich an die zwei Wochen im schnuckeligen Conil de la Frontera denke, die ich bei einer guten Freundin (Liebe geht raus an Sarah, no puedo más!) verbrachte. Gemeinsame Surf-Sessions und Film-Abende prägten die Zeit.

Trotzdem blieb, nachdem ich alleine weiterreiste, das Gefühl, sich auf dem richtigen Weg zu befinden, „richtig“ zu sein, am Ende aus.

Warum, unklar. Rückblickend würde ich sagen: Mir fehlte Leichtigkeit – und das ausgerechnet in einem Land, das für seinen entspannten Vibe und seine Lebenslust bekannt ist (Einsatz: Temperamentvolle Gitarrensounds). Ich wollte es so sehr fühlen, dass ich umso verwirrter zurückblieb, als das Gefühl nicht kam.

Tarifa: Traumziel für (Wind)Surfer:innen und Van-Life blieb ein Traum

Mein erstes Ziel nach dem Besuch bei meiner Freundin: Tarifa, eine für Windsurfing und Van-Life bekannte Stadt im südlichen Zipfel Spaniens. Von einigen gelobt und empfohlen, quasi zum Hängenbleiben prädestiniert (und ein echtes Natur- und Windsurfingparadies!), konnte ich nicht viel damit anfangen.

Ich genoss einen Tag in der unglaublichen Natur, die sich um die Stadt herum zieht (Nationalparks mit wahlweise Gebirge, Wäldern und Blick auf den Atlantik), wurde aber mit dem Ort selbst nicht warm. Das kann passieren, ich hatte das schon oft auf Reisen und kann mit solchen Situationen eigentlich umgehen. Doch in dem Moment überforderte es mich.

Richtungswechsel: Mit dem Van Richtung Portugal

Eines Nachmittags kam mir der Gedanke, einfach weiterzufahren. Zugegeben, für so viel spontanes „Nägel mit Köpfen machen“ bin ich nicht bekannt, aber mein Bauchgefühl kann irgendwas in mir aktivieren, dass mich antreibt. Bei Bedarf auch mal im Gallopp.

Ich fuhr also leicht ziellos wieder zurück Richtung Norden, als ich mir das erste mal ernsthaft Gedanken über Portugal machte.

Portugal? Zwar hatte ich mir vorab („nur sicherheitshalber“ – ist klar) Empfehlungen für Campingplätze und Orte eingeholt, aber so richtig sicher war es nicht in meine Reisepläne involviert.

Nach zwei Stunden zwischen Gedanken der ultimativen Freiheit (ich kann fahren, wohin ich will) und der Unsicherheit (ich weiß aber nicht, wohin), entschied ich mich final und bog bei Sevilla Richtung Portugal ab.

Camping bei Huelva: Zufallsbegegnung zwischen Disko und Dusche

Kurz vor Huelva fing es an zu dämmern, und da ich ungerne bei Lidl übernachten wollte, steuerte ich den nächstbesten Campingplatz an – eine reine Zufallswahl.

Das Schöne: Der Platz war voll mit spansichen Tourist:innen (ich mag die Sprache um mich herum). Das Unschöne: Spanische Touristen mögen Ibiza-Sounds, und zwar all night long 😀

So kam es zur meiner anfangs beschriebenen „ich-krieche-etwas-groggy-aus-dem-Van-Performance“.

Wenn ich erst abends ankomme und nur eine Nacht bleibe, denke ich manchmal, dass sich das nicht wirklich lohnt. Nicht nur beim Van-Life, sondern generell. Man kommt an, isst, schläft, duscht (vielleicht) und fährt weiter. So fühlt es sich zumindest an, denn man guckt nicht genau hin. Man nimmt die Atmosphäre oder Menschen nicht bewusst wahr. Dazu bleibt keine Zeit. So ist es auch an diesem Morgen …

… bis „Moin, du kommst auch aus Berlin!“ mir ein Berliner in Dusch-Outfit über den Weg läuft.

So sehr ich es mag, wenn Campingplätze möglichst international aufgestellt sind – in diesem doch leicht verunsicherten Moment meiner Reise auf einen vertrauten Akzent aus Deutschland zu treffen, wirkt wie Balsam auf meiner Seele.

Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass er zum ersten Mal ein ganzes Jahr im Wohnmobil gelebt hat. Er arbeitet als Software-Entwickler und ist remote angestellt. Doch er macht auch eine Ausbildung zum Fallschirmsprung-Lehrer. Deshalb ist er genau in dieser Ecke Spaniens.

Wir unterhalten uns bestimmt 30 Minuten spontan über das Leben im Van, übers Arbeiten von überall aus, die Höhen, die Tiefen, über meine Unsicherheiten (er steht immer noch im Dusch-Poncho und Aldi-Tüte da …). „Es gibt immer einen Weg, du machst schon alles richtig“, bestärkt er mich.

Wir verabschieden uns und ich düse hoch motiviert nach Portugal.

Vielleicht war es auch eine Einstellungsfrage, aber von da an läufts.

Zufallsbegegnungen mit Schubkraft

In Portugal werde ich noch viele solcher kleinen, aber einprägsamen Zufallsbegegnungen haben. Rückblickend hatte ich sie auch in Spanien schon. Mal auf dem Campingplatz, mal im Wasser beim Surfen, mal durch Zufall beim Einkaufen.

Und am Ende sind es auch diese kleinen, zufälligen Begegnungen, die mir zeigen, was möglich ist. Die mich antreiben, mich, gemeinesam mit meinem Bauchgefühl, in die richtige Richtung schieben. Menschen, die es vorleben. Deshalb ist keine Übernachtung Zeitverschwendung. Jede Etappe, jeder Richtungswechsel, und erscheinen sie noch so unnötig, sind wichtig dafür, (m)einen Weg zu finden.

Enjoy

Tina

Tina etwas Gutes tun

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Reisen, surfen und remote arbeiten – träum weiter!

Sanft wecken mich die Strahlen der aufgehenden Sonne aus meinen angenehmen Träumen. Ich strecke mich, habe beste Laune und bin energiegeladen. Vögel zwitschern. Ich schaue durchs Fenster direkt aufs Meer. Das Wetter: top! Die Wellen: ein Träumchen! Deshalb springe ich sofort mit meinem Surfboard ins Wasser. Nach einer unglaublichen Session frühstücke ich, denn obwohl ich gestern Abend erst angekommen bin, ist mein Kühlschrank gut gefüllt. Dann mache ich in Ruhe die nächsten Reisepläne. Anschließend gehe ich in den ganz nah gelegenen Coworking-Space und arbeite ein wenig – dank des Highspeed-Internets läuft alles perfekt. Am Abend hüllt mich der Sonnenuntergang in eine leichtfüßige, friedliche Stimmung. Life’s good.

Dazu kann ich nur sagen: Träum weiter!

Es hört sich immer so traumhaft an: Reisen, neue Orte und perfekte Wellen entdecken und die Kohle dafür einfach von unterwegs aus verdienen. Quasi nebenbei. Und genau das ist es in meinen Augen: ein Traum. Etwas, das wir uns in unserer Vorstellung (oder ich in meiner) ausmalen oder was Instagram uns immer wieder erzählen will, das aber so nicht existiert.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass viele Menschen dieses Bild im Kopf haben, wenn ich von „Remote-Arbeit“ rede. Zugegeben, ein bisschen hatte ich diese Vorstellung anfangs auch – schade 😀

Die Liste der Gründe reicht von fehlender Routine, verschimmelten Airbnbs mit Vorschlaghammer-Sounds, Erschöpfung vom ständigen Organisieren bis hin zu stockendem oder komplett fehlendem WLAN. Das sind zwar die krassen Schattenseiten des Reisens, aber sie gehören eben teilweise dazu – und erschweren einen normalen Arbeitsalltag.

Für mich persönlich hat es sich deshalb bewährt, Reisen im engeren Sinne einfach vom Remote-Arbeiten zu trennen.

Letztes Jahr war ich mit dem Van in Spanien auf „Workation“. Was locker-flockig aussieht, war schön, aber auch schön anstrengend!

Reisen braucht Zeit

Beim Reisen ist es mein Ziel, in Orte, Landschaften oder Kulturen einzutauchen, Neues kennenzulernen und vielleicht auch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich der Alltag anfühlt. Surfspots zu testen. Beziehungsweise deren Waschmaschinen. Und das braucht Zeit.

Immer unterwegs – auch im Kopf

Denn Reisen heißt auch, unterwegs zu sein. Vielleicht nicht permanent zu anderen Orten, aber ich habe gemerkt, dass ich im Kopf permanent damit beschäftigt bin, neue Eindrücke wahrzunehmen und mich an neue Rhythmen, Abläufe oder klimatische Bedingungen anzupassen. Deshalb braucht (mein) Reisen Zeit – zum Erleben, zum Organisieren, zum Verweilen, aber auch zum Verarbeiten.

„Manuelle Steuerung“ auf Reisen braucht Energie

In seinem Buch „Slow Travel“ stellt der Autor (keine bezahlte Werbung) unter anderem die Vermutung auf, dass unser Gehirn beim Reisen von Autopilot quasi auf „manuelle Bedienung“ umstellt, weil die normalen Routinen und Automatismen eben nicht funktionieren und wir uns an neuen Orten erstmal zurechtfinden müssen. Diese Beobachtung finde ich spannend und plausibel. Die manuelle Steuerung kostet neben Zeit auch einiges an Energie. Anfangs unterlag ich der Vorstellung, dass ich morgens an einem neuen Ort ankommen, surfen gehen und später dann noch etwas abarbeiten könnte. Und natürlich Natürlich lege ich unterwegs auch mal eine professionelle Foto-Session ein, tippe in einem Café einen Blogartikel oder erledige abends in der Unterkunft noch ein paar Dinge. Aber zwischen all den „Reise-Aufgaben“ einem Vollzeit-Job nachzugehen und sich voll darauf zu fokussieren, halte ich für nicht vollständig realisierbar.

Zumindest nicht, wenn man sich wirklich intensiv mit dem beschäftigen möchte, was oder wer einem auf der Reise begegnet.

Am Ende fühlte ich mich immer wieder unterbrochen oder abgelenkt vom Reisealltag und hatte oft das Gefühl, weder dem Arbeiten noch dem Reisen genug Aufmerksamkeit gewidmet zu haben.

Ortsunabhängiges Arbeiten

Etwas anders sieht es beim ortsunabhängigen Arbeiten aus. Wenn ich mir einen Ort aussuche, an dem ich länger bleibe (zum Beispiel einige Wochen oder Monate) und von dem aus ich nicht schon in der nächsten Woche weiterreisen muss, habe ich die nötige Zeit, mich sowohl auf den Ort einzulassen als auch mir eine Tagesstruktur aufzubauen. Deshalb nehme ich mir fürs Reisen meist frei oder arbeite nur sehr reduziert.

„Ortsunabhängig“ meint in meinem Fall vor allem, dass ich gerne unabhängig von einem Büro an einem bestimmten Ort bin. Nichtsdestotrotz steht mein Bürostuhl nicht am Strand – und das ist z.B. mit Blick auf ein ergonomisches Arbeitsumfeld auch gut so.

Das Schöne?

Suprise: Reisen und Remote-Work sind natürlich kombinierbar. Ich kann zuerst zwei Wochen herumreisen, um mich dann an einem Ort, an dem es mir besonders gut gefällt und wo ich alles habe, was ich brauche, längerfristig zum Arbeiten niederzulassen. Dass das gut tut, hat beispielsweise die AOK auch schon herausgefunden – im Artikel allerdings im Zusammenhang mit der „Workation“, die (oder besser gesagt dessen Bezeichnung) ich mittlerweile kritischer hinterfrage.

Für die, die es interessiert: Darauf achte ich beim ortsunabhängigen Arbeiten:

Enjoy! Tina

Tina Gutes tun

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Ein Dorf mit Häusern und einer Straße.
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Remote arbeiten – Fluch und Segen?

Das Flugzeug setzt in Bordeaux auf. Endlich. Sicher gelandet. Der Puls geht runter (hab Flugangst).

Die Bremsen heulen, danach das übliche Drama: Wer ist am wichtigsten und muss als erstes das Flugzeug verlassen? Alle natürlich. Ich bleibe sitzen, denn ich habe keinen Termin.

Als ich im Gang des Flugzeugs langsam Richtung Ausgang gehe, plumpst die Frau hinter mir bei jedem Mal, das ich auf dem Gang anhalten muss, von hinten gegen meinen Rucksack und tritt mir so oft in die Hacken, dass ich mich schließlich mit bösem Blick umdrehe. Eigentlich gar nicht mein Style, aber nach zwei Wochen Berliner U- und S-Bahn-Wahnsinn bin ich sensibilisiert. Was soll das?!

Warum es alle so eilig haben, das Flugzeug zu verlassen, kann auch die Stewardess nicht verstehen: Mit mitleidvollem Blick schaut sie auf die Daunenjacke, die ich wegen der 28°C, bei denen ich in Berlin ins Flugzeug stieg, über meinem Arm anstatt an mir trage:

„Ziehen Sie die mal lieber an“, empfiehlt sie in fast mütterlichem Ton. Und dann höre ich ein Prasseln …

Der Sprühregen und die 13°C schießen mir schon ins Gesicht, noch bevor ich das Flugzeug ganz verlassen habe. Welcome to Bordeaux, the South of France.

„Cool, mal wieder in die falsche Richtung geflogen“, denke ich mir. Vor zwei Wochen reiste ich aus dem sommerlichen Frankreich in die 5°C kalte Berliner Eis-Hölle, bevor sich das Blatt überraschend wendete und ich am ersten Mai in Top und kurzer Hose durch Berlin-Kreuzerg (hippes Viertel) tanzte. Und nun das.

Ein Hoch auf das ortsunabhängige Arbeiten – vorausgesetzt, man hat sich vorher eingehend mit dem Wetterbericht beschäftigt.

Auf der Zugfahrt vom Flughafen in meine aktuelle Wahl-Heimat (kleines Surfer-Dorf am Atlantik) denke ich über das ortsunabhängige Arbeiten nach. Vor allem überlege ich, wonach ich mein Zuhause auswähle, jetzt wo der Job es mir nicht vorschreibt.

Oft ist es ja so, dass man für einen Job oder ein Studium irgendwo hinzieht. So war es für lange Zeit auch bei mir.

Irgendwann habe ich das „Ich ziehe dahin wo der Job/die Uni ist“ infrage gestellt und den Spieß umgedreht: Ich überlegte mir zuerst, wo ich leben wollte und suchte mir danach einen Job vor Ort. Die Wahl fiel damals auf Berlin.

Ich bemerkte, dass viele das damals als „mutig“ oder „dumm“ hielten, ich sah das aber irgendwie nie so. Für mich fühlte es sich eher normal an. Ich nahm das finanzielle Risiko in Kauf – ich wollte einfach unbedingt wissen, ob es klappen kann.

Es funktionierte, und trotzdem fühlte ich mich nach einigen Monaten in Berlin wieder wie angekettet.

Es dauerte etwas, bis ich herausfand, dass es eher an den Rahmenbedingungen des Jobs lag, dass ich mich unwohl fühlte. Zeitlich und örtlich unabhängig arbeiten zu können, wurde durch diese Erkenntnis für mich zu einem sehr wichtigen Faktor.

So stand ich auf einmal vor einer ganz anderen Frage:

Wohin will ich denn überhaupt? Wo will ich zuhause sein, wie soll mein Alltag aussehen, wenn es mir vom Job her freisteht? Will ich in Berlin bleiben? Woran mache ich das fest? Welche Faktoren helfen mir dabei?

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es mir auf einmal so schwerfallen würde, meine Komfortzone Berlin wieder zu verlassen, nun wo ich doch „frei“ war.

Und mit Corona hatte ich auch nicht gerechnet.

In der Zeit wurde mir bewusst, dass ich die Freiheit, ortsunabhängig arbeiten zu können, auch ganz schnell mal wieder verlieren kann. Das rüttelte mich wach.

Schon länger hatte ich den Wunsch, mein Leben nach Frankreich zu verlegen, in einen kleinen Ort am Meer. Ohne S- und U-Bahn, dafür mit Surfbrettern und Pläuschchen mit den Nachbar:innen. Einen krasseren Kontrast zu Berlin hätte ich eigentlich nicht wählen können.

Und doch musste es sein: Schließlich verließ ich Berlin für den kleinen Surfer-Ort in Frankeich. Ich wollte unbedingt sehen, ob es klappen kann. Wie es sich anfühlen würde. Ob der Alltag besser zu mir passen würde.

Das alles ist über ein halbes Jahr her. Als ich, nach einem zweiwöchigen Berlin-Besuch, wieder an meinen Wahlort in Frankreich fahre, fällt mir auf, dass mir der Wechsel gut getan hat. Ein schlechtes Zeichen? Ich glaube nicht – im Gegenteil.

Ich mag Berlin, und ich liebe dieses kleine Dorf in Frankreich. Ich fühle mich an beiden Orten zuhause. Beides inspiriert mich gleichermaßen und doch auf unterschiedliche Art und Weise. Beides ist nicht miteinander vergleichbar.

Ich kann an vielen Orten leben und arbeiten – eine Freiheit, die ich brauche, aber die mich auch manchmal überfordert. Wenn ich nicht weiß, wohin ich gehen soll, wenn ich meine Freund:innen vermisse oder wenn Dinge schiefgehen. Trotzdem überwiegt das Positive.

Und wenn dann an einem Ort das Zuhause-Gefühl entsteht, ist das was richtig Gutes. Manchmal braucht es etwas Zeit, bis das passiert.

Ich denke, das Zuhause-Gefühl ist (neben anderen Faktoren) ein guter Wegweiser dafür, wo ich länger bleiben möchte. Gleichzeitig will ich die Welt erkunden, um weitere Orte zu finden, die dieses Gefühl auslösen können. Denn ich bin überzeugt, es gibt viele davon. Für mich ist das Remote-Arbeiten trotz der Abstriche (auf beruflicher Ebene z.B. kein persönlicher Kontakt mit dem Team, nicht immer ein abgetrenntes Arbeitszimmer zur Verfügung etc.) nach wie vor der Rahmen der Wahl.

Als ich in meinem kleinen Apartment am Meer ankomme, öffne ich die Tür. Es fühlt sich gut an. Ganz normal. Ich sehe den Ozean, und bin dankbar für diesen Luxus.

Ich schaue mein Surfboard an, wie es zustimmend an der Wand lehnt. Welch ein Glück, im kleinen Surfer-Ort in Frankreich ist das Zuhause-Gefühl da 😊

Enjoy

Tina

Sonnen
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Expertin empfiehlt drei bis fünf „Anti-Business-Momente“ pro Tag

Ich liebe diese Stimmung.

Ich nenne sie so eine Art „Anti-Business-Stimmung“.

Ich bin am Strand. Es dämmert. Die Sonne sinkt langsam, aber sich ins Wasser. Ich nutze die Zeit bis zum Sonnenuntergang für das, was mir nach dem Surfen im Moment am meisten guttut: Spazierengehen. Wie viele Millionen Kilometer ich in den letzten Monaten am Strand und im Pinienwald zurückgelegt habe, keine Ahnung. „Schritt für Schritt“ habe ich anscheinend wörtlich genommen.

Ich stehe oben auf der Düne und beobachte die untergehende Sonne. Die Wellen sind nicht besonders gut – genau genommen gibt es kaum welche. Gleich hinter dem Punkt, an dem sie brechen, ruht das Meer still wie der See.

Umso schöner spiegelt sich die Sonne darin und taucht Horizont und Himmel in ein wohliges Orange. Es ist Mitte Oktober, und abends immer noch 18°C. Für mich als surfende Frostbeule der wahrgewordene Traum vom Indian Summer.

Trotz des ruhigen Ozeans sitzen die letzten Surfer:innen entspannt im Wasser und warten. Die Wellen sind so klein, dass die Surfer:innen schon fast am Strand sind, sobald sie die Welle erwischen. Und trotzdem: Nur zögerlich kommen eine:r nach dem/der anderen aus dem Wasser. Manche bleiben einfach – als ob es morgen keine Wellen mehr gäbe. Als ob es der letzte Sonnenuntergang wäre.

Zugegeben, wenn der Wellen-Forecast für die nächsten Tage schlecht ist oder es der letzte Tag des Surfurlaubs ist, gar keine so abwegigen Gedanken.

Und trotzdem: Ich erkenne auch Menschen im Wasser, die hier wohnen. Sie kosten jede Minute dieses wahnsinnig schönen Sunset-Surfs aus.

Das ist es, das ist das, was ich an dem Leben am Meer, am Modell „Surfen und Arbeiten“ so liebe: Es lädt dazu ein, neben der Arbeit nicht zu vergessen, den Moment voll zu genießen und die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was guttut. Es lädt dazu ein, viele kleine „Anti-Business-Momente“ zu erleben.

Vor allem durch das Surfen wurde ich besser darin.

Eine E-Mail wartet brav im Postfach, wird höchstens irgendwann zu digitalem Schrott. Aber die Wellen oder der Sonnenuntergang, denen ist das herzlich egal, ob du gerade vermeintlich Wichtigeres vorhast. Entweder du nutzt die Zeit, oder du lässt es. Keine Welle und kein Sonnenuntergang sind jemals genau gleich. Vielleicht regnets morgen oder die Wellen sind schlecht – dann bleibt ja auch immer noch genug Zeit, die Mail zu beantworten, die sich wahrscheinlich bis dahin nicht groß verändert hat.

Ich sauge die letzten Sonnenstrahlen auf und fühle Dankbarkeit.

Ich empfehle zwischen drei und fünf „Anti-Business-Momenten“ pro Tag. Das muss nicht am Meer sein. Sollte sich keine Besserung einstellen, kannst du den Moment immer noch nicht genießen und erscheinen dir E-Mails immer noch als wichtiger als der Moment und die Natur, erhöhe wahlweise die Dosis oder die Entfernung vom Laptop.


Für mehr Tipps folgt mir … nicht per E-Mail 😉

Tina

Ein blauer Van, davor eine Wäscheleine mit Wetsuit und Handtüchern. Ein blauer Rucksack und ein Surfboard liegen auf dem Boden
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Alle 11 Minuten verliebt sich jemand ins Vanlife – wie Armors Pfeil mich in Nordspanien traf

Surfen und Arbeiten aus dem Van heraus – ein Workation-Test

Das Gefühl kroch schon eine ganze Weile in mir herum: Ich wollte raus aus Frankreich. Raus aus dem kleinen verschlafenen, aber so langsam für die bevorstehende Saison erwachenden Mimizan-Plage.

Schliesslich hatte ich die letzten 5 Monate dort verbracht. Und zwar nicht mit Surfen, sondern damit, mich mit diversen Kundendiensten zu streiten, und die Basics meiner Wohnung funktionstüchtig zu bekommen. 5 Wochen warten auf WLAN inklusive.

Zeit für einen Wechsel.

Ich wollte rumfahren, mal was anderes sehen und hören, aber vor allem: Surfen. Die Wellen vor meiner Haustür waren seit Monaten (für mich) unsurfbar, der Ozean ein wildes verwaschenes Monster, das nicht zu Ruhe kam. Eigentlich genau, wie ich. Ich brauchte sanftere Wellen, ganz dringend.

Workation-Planung aus dem Augenwinkel

Schon länger hatte ich also die Wellen-Vorhersage der kleinen Bucht Oyambre in Nordspanien im Auge. Parallel dazu öffnete ich (natürlich nur ganz „zufällig“) immer mal wieder den Wetterbericht.

Beides sah in regelmäßigen Abständen ziemlich perfekt aus, sodass mich der Gedanke, in meinen Van zu hüpfen und einfach die Künste entlang nach Spanien zu fahren, nicht mehr losließ.

If you can dream it, you can do it! Stimmt – aber nur wenn man sich dafür kurz mal überschlägt und sonst nix anderes vorhat. Spoiler: Geld sollte auch am Start sein.

Vorstellung: Ich schmeiße einfach ein paar Sachen in den Van und los geht’s …
Realität: Ganz so einfach ist es nicht 😀 Organisation, Einkauf, Reifendruck, Ölcheck etc. kosten mich einiges an Zeit. Erster Gedanke: Vanlife ist nix für mich, viel zu viel Orga. Zweiter Gedanke: Egal. Ich will nach Spanien. (story of my life)

Dieses überwältigende Gefühl, an einen bestimmten Ort zu müssen, ohne dass es einen sehr spezifischen Grund gibt, ist mir nicht neu. Es kann Angst machen und sich komisch anfühlen, aber bisher fuhr ich immer gut damit, diesem Gefühl zu vertrauen.

Meine ganz persönliche Definition von Freiheit

Was soll ich sagen: Mein Gefühl hatte mich auch dieses Mal nicht ge- oder enttäuscht. Ganz im Gegenteil.
Schon die Fahrt zum beschaulichen Oyambre bot Kulissen wie aus einem Reiseführer ausgeschnitten. „Zu Ihrer Linken … die atemberaubenden Pyrenäen und Berglandschaften, satte grüne Hügellandschaft und steinige Höhen … Zu Ihrer Rechten … der azurblaue Atlantik …“

Der absolute Wahnsinn.

Berglandschaft in Nordspanien, davor grüne hügelige Wiesen, blauer Himmel.
Berglandschaft in Nordspanien bei Sonnenuntergang, davor eine grüne Wise mit Kühen und ein paar Häuser.
Eine Bucht am Atlantik, kleine Wellen.



Von der Sekunde an, in der ich im Van saß und wusste, dass ich theoretisch überall hinfahren könnte, ging es mir auf der Stelle gut. Ich denke, das ist – neben dem Surfen meine ganz persönliche Definition von Freiheit.

Workation-Jackpot


Dabei war es ein Test – es war streng genommen der erste richtige Trip, den ich mit meinem Van zum Surfen und Arbeiten machte (Bisschen Urlaub + bisschen Arbeit = Workation). In den letzten Test-Monaten in Frankreich war allerdings ziemlich viel schief gegangen, und so fuhr ich nicht ganz ohne Bedenken Richtung Spanien auf meine erste Test-Van-Workation.

Und dann: BLUBB, BLUBB, BLUBB! (oder so ähnlich) – zerplatzten die Bedenken wie Seifenblasen, als ich auf die kleine Erhöhung des Campingplatzes „Oyambre Beach“ fuhr: Noch bevor ich überhaupt eingeparkt hatte, sah ich bereits das Meer von oben. Das für mich SURFBARE Meer, genauer gesagt. Jackpot.

Ein Campingplatz in Nordspanien, zwei weiße Vans, Blick aufs Meer, dazwischen Bäume.



Softe, entspannte, cleane Wellen rollten in der Bucht heran, als wollten sie mir eine persönliche Einladung an den Strand bringen. Die Sonne schien. Das Line-up war LEER (Line-up: Da, wo man beim Surfen im Wasser auf die Wellen wartet – normalerweise sind immer mehrere Menschen im Wasser). Neben mir campierte ein nettes Pärchen, das meine Leidenschaft teilte. Wir verabredeten uns wahlweise zum Surfen oder zum Wein trinken. Genau mein Style.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Selten wusste ich so sicher, dass ich zur berühmten richtigen Zeit am richtigen Ort war. Das Gefühl hatte ich vermisst.

Bin reinverliebt.

Surfen, essen, arbeiten, vielleicht nochmal surfen, wieder essen, schlafen. 5 Tage lang. Draußen sein. Umgeben von einer Kulisse, die einen regelmässig daran zweifeln lässt, ob man nicht doch als Figur in einem Reiseführer-Panorama gelandet ist.

Sogar am letzten Morgen vor Abfahrt sprang ich nochmal ins Wasser und ließ mich von den Wellen tragen. Sie besänftigten meine Seele und schenkten mir einen dicken Packen Energie. Als würden sie spüren, dass ich den brauchte.

Nach der letzten Surfsession schmiss ich dann wirklich alles einfach in den Van und fuhr zurück Richtung Frankreich, während die atemberaubende Kulisse nochmal an mir vorbeiflog.

Bin wohl reinverliebt, ins Vanlife!

Muchas Gracias, España.

Eine Frau am Laptop vor einem blauen Van.

Workation in Nordspanien – Impressionen

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Mit Kaffee zum Ozean – Gewohnheiten durchbrechen

Morgens, irgendwo zwischen halb 8 und halb 9. Ich falle aus meinem Wand-Klappbett (weil mein Apartment selbst für ein normales Bett zu klein ist). Ich haste ins Bad (das heißt, ich mache 2 Schritte).

Stelle einen Kaffee an.

Fahre die Rollläden hoch. Bemerke kurz, dass ich am Atlantik wohne und den tiefblauen Ozean in der perfekten Morgensonne sehen kann – von meinem Fenster aus.

Ich wende den Blick ab und setze ich mich an den Schreibtisch. Klappe den Laptop auf. Scrolle mechanisch durch meine Mails.

Und dann durchzuckt mich ein Gedanke:

„Scheiße man, du wohnst am Atlantik. Es hat dich Schweiß, Geld und ’ne Menge Nerven gekostet“ (wahrscheinlich doch mehr Geld als Nerven, schwer zu messen).

Draußen geht die Sonne auf und taucht die Welt in dieses wunderbare Licht, das alles wieder gut macht. Und ich sitze da und klappe als erstes einen elektrischen Kasten auf, um in eine stressige Parallelwelt abzutauchen. Weil ich denke, ich habe keine Zeit, um die 200 Meter an den Strand zu laufen. Was zur …?

… Und dann geht ganz großes Kino los. Ärmel werden hochgekrempelt. Das Cape angelegt (eine Jacke, in meinem Fall).

Ich klappe den Laptop wieder zu. Ich werde sie durchbrechen, die Mauer der ewigen Gewohnheiten!

Ich stehe auf, nehme meine Kaffeetasse, und latsche zum Strand. War gar nicht so schwer.

Ich lasse meinen Blick schweifen: Ich sehe den Ozean, den Horizont, den Himmel, die Wolken. Ich sehe den Strand, die Weite, ein paar Menschen, ein paar Hunde. Ich sehe die Düne und die Gräser.

Dann schließe ich meine Augen. Ich rieche Meeresluft. Salz. Frische. Ich rieche die Pinienwälder.

Ich fühle einen leichten Wind. Ich fühle die Strahlen der aufgehenden Sonne, sie wärmen mich von außen. Der Kaffee übernimmt die Wärme für Innen (und das Wachwerden).

Ich höre den Wind in meinen Ohren, aus der Ferne die Hunde bellen, ein paar Möwen. Irgendwo unterhalten sich Menschen auf Französisch. Ich höre den rauschenden Ozean. Ich atme ein, und wieder aus.

Ich öffne die Augen. Dann spüre ich ein angenehmes Kribbeln. Dankbarkeit. Oder das Koffein. Bleiben wir bei der Dankbarkeit. Dafür, dass ich mich dazu entschieden habe, nach Frankreich zu gehen und am Meer zu arbeiten. Aber auch Dankbarkeit dafür, dass ich es endlich geschafft habe, das wertzuschätzen und zu nutzen und mir diese 10 Minuten am Morgen zu nehmen. Für mich.

Großes Kino wieder vorbei. Ich latsche zurück.

Danach setze ich an meinen Laptop und beginne zu arbeiten. Ich bin immer noch der gleiche Mensch, aber meine Aufmerksamkeit ist eine andere. Ich bin entspannter, die Mails und Calls haben nicht mehr so viel Gewicht. Sie sind in ihrer Wichtigkeit irgendwie geschrumpft, ohne dass ich sie an sich weniger wichtig nehme … falls das Sinn ergibt.

Ich denke darüber nach, warum es mir manchmal so schwerfällt, regelmäßig das zu tun, was mir offensichtlich guttut. Warum ich immer wieder E-Mails, und Calls und Nachrichten als wichtiger erachte, als mein eigenes Wohlbefinden in dem jeweiligen Moment.

Warum es sich immer noch so anfühlt, als würde ich mir „etwas genehmigen“, obwohl es eine völlig normale Sache ist, morgens als Erstes etwas für sich zu tun. Und das, obwohl ich freiberuflich arbeite und damit schon eine sehr hohe Flexibilität in meinen Arbeitszeiten genieße.

Ich beschließe, dass ich diese Flexibilität in der Gestaltung meines Arbeitstages noch besser nutzen möchte.

Gewohnheiten und Muster zu durchbrechen ist hart, steinhart in meinem Fall. Aber ich will es versuchen. Mit dem Hammer, wenn es sein muss. Oder mit vielen kleinen Hämmerchen. Jeden Tag einmal dagegen hauen, vielleicht.

Ich will. Mit Kaffee zum Ozean.

Der Strand und der Atlantische Ozean bei Mimizan-Plage in Frankreich


Strand in Mimizan Plage in Frankreich. Man sieht Fußspuren im Sand und den Atlantischen Ozean
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Die Spur der Freude: Coaching bei Christine Jung

Ein Coaching-Erfahrungsbericht

Alles kribbelt. Alle Arm-Haare stellen sich auf.

Es ist einer dieser Momente, in denen man ahnt: Da wurde etwas in Gang gesetzt. Einer dieser Momente, in denen sich endlich etwas so richtig „richtig“ anfühlt.

Ich sitze am Schreibtisch und komme aus der vorerst letzten Coaching-Session mit der wunderbaren Christine Jung. Es fällt mir nicht leicht, in Worte zu fassen, was ich fühle (eher untypisch für mich 😉 ).
Hauptsächlich ist es Dankbarkeit. Ganz tief im Inneren ahne ich, dass ich einen Schatz gefunden und auch geöffnet habe: Eine Vision für mich selbst.

Der Angst vorm wirklich wirklich wollen begegnen

Ich kann jetzt besser verstehen, warum man sich vielleicht davor scheut (und ich zähle mich dazu), herauszufinden, was man wirklich wirklich will. Egal ob beruflich oder privat. Denn so atemberaubend und so befreiend das auch sein kann – es kann auch Angst machen und überwältigen.

Warum Angst?

Vielleicht weil man eine Vorahnung hat, dass das, was im Prozess herauskommen könnte, sich von dem unterscheidet, was man gerade tut und wie man es tut. Was bedeuten würde, dass man sich irgendwann dem Neuen stellen muss. Dass man vom Boot springen, seine Taucherausrüstung anziehen und sich auf die Suche nach dem Schatz machen möchte.

Vielleicht auch, weil man Angst davor hat, mit dem Ergebnis überfordert zu sein. Vielleicht denkt man „Ich will es lieber gar nicht erst wissen, weil die Veränderung, die dafür nötig wäre, ein zu großes Loch in mein jetziges Leben reißen würde.“

Zumindest kamen mir diese Bedenken im Prozess und vor allem davor.

Und doch kann ich rückblickend sagen: Es muss gar kein Loch gerissen werden. Es kann eine behutsame Entdeckungstour sein zu sich selbst und seiner beruflichen Vision, auf der man vielleicht einen Schatz (oder sogar mehrere) findet. Und diese Schätze voller neuer Möglichkeiten können eine Quelle von Freude, Zufriedenheit und Klarheit sein, ohne gleich mit Acho Karacho das ganze Leben auf den Kopf stellen zu müssen.

Dank Coaches wie Christine Jung bleibt man mit dem überwältigenden Gefühl des neuen Schatzes nicht alleine, sondern bekommt jemanden an die Hand, der einem hilft, damit umzugehen. Den Schatz zu öffnen, alles zu sortieren, und Klarheit über das zu bekommen, was man mit dem Schatz machen könnte und möchte – und auch wie das in kleinen Schritten funktionieren kann.

Bevor ich mit Christine startete, hatte ich mir die Frage, was ich wirklich wirklich will, durchaus schon öfter selbst gestellt. Ich kam privat auch nah dran, aber beruflich ab einer bestimmten Stelle nicht weiter, es versickerte und ich kam nie in Handlung. Man denkt ja immer, man kann ganz einfach beantworten, was man wirklich tun will – seitdem Christine mich gecoacht hat, weiß ich, dass man nur an der Oberfläche kratzt.

Gänsehautreise voller (zu) guter Fragen

An dem Punkt befand ich mich, bevor ich mich auf die „Gänsehautreise voller zu guter Fragen“ machte (so nenne ich es gerne mal), bzw. bevor Christine mit mir das Wesenskernspiel begann.

Im Coaching lernte ich zunächst, was es bedeutet, der „Spur der Freude“ zu folgen. Was sich lockerflockig anhört, war für mich gar nicht so einfach. Wir ermittelten, was mir seit meiner Kindheit immer wieder Freude bereitet, was sich durch mein Leben gezogen hat und was davon heute noch präsent ist.

So weit, so gut. Zugegeben: In diesem Moment fühlte sich alles noch „normal“ an – ich hatte keine Ahnung, wie tief, echt und klar sich das Ganze zuspitzen würde.

Peu à peu ermittelten wir meinen Wesenskern, das, was mich im Inneren antreibt und ausmacht. Das Ganze in einem Satz zu visualisieren, beeindruckte mich tief. Der Schatz war geöffnet, der Inhalt funkelte mir entgegen.

In diesem Moment hatte sich etwas verändert. Etwas war anders. Besser. Größer. Noch immer etwas angsteinflößend, aber genau so viel, dass es mir Energie gab, als mich zu verschrecken.

Und es ging weiter:

Offen, ruhig, kreativ und immer mit einer guten Prise Humor stellte Christine mir die Fragen, die ich brauchte, um weiterzukommen. Formulierte Dinge, Wünsche, Vorstellungen, die ich noch kaum zu fassen wusste. Schob mich behutsam und in zeitlichen Abständen, die ich zum „erstmal sacken lassen“ brauchte, in Richtung meines Wesenskernes und schließlich hin zu meiner Vision für die berufliche Zukunft.

Und zwar KONKRET. Wir formulierten präzise, klar und sortieren immer wieder aus. Christine half mir, die Worte für Dinge zu finden, die ich bisher nicht hatte. „Kannst du dich darin sehen?“, fragt sie schließlich. „Bist das du?“

Das Ergebnis bereitet mir Gänsehaut, die ich immer wieder abrufen kann. Es ist verblüffend, denn tief in mir drin habe ich es irgendwie gewusst – Christine hat es an die Oberfläche geholt, wie einen Schatz, den wir gemeinsam an den Strand meiner eigenen kleinen Insel gebracht haben.

„Geh nach deinem Gefühl“, ist ein weiterer Schlüsselsatz, an den ich mich immer wieder erinnere, weil er mir so sehr weitergeholfen hat. Die Frage erlaubt es, sich zwischendurch immer wieder mit sich selbst zu verbinden.

Und genau das half mir auch in meiner letzten Session.

Konkret, visuell, vielseitig

Nachdem wir erst meinen Wesenskern und darauf aufbauend eine konkrete berufliche Vision entwickelt hatten, ging es um den Realitätscheck und um die Frage, was ich dem Moment konkret brauchte.

Das ist das Tolle: Egal, ob ich mit einem Wust an Ideen verzweifelt um Klarheit ringe oder Antworten auf ganz bestimmte Fragen brauche, Christine geht flexibel und gleichzeitig strukturiert auf mich ein und hat ruckzuck nicht nur das richtige Tool, sondern auch die richtigen Fragen parat.

In der letzten Session wird mir bewusst, wie schnell man sich in alten Mustern und Gedankenstrukturen verliert – Christine ist da, um sie mit mir zu durchbrechen. Und weil das mit einem Mal nicht getan ist, zeigt sie mir auch, wie ich ihnen künftig begegnen kann.

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Bienvenue en France! Oder: Wie man es nicht macht

(ganz unten gehts direkt zu den Fotos)

Ich lache. Ich lache LAUT. Kann selbst nicht so richtig glauben, dass ich das geschrieben habe.

Mein letzter Blogpost ist keine 4 Monate alt, und doch denke ich mir: Wenn ich damals gewusst hätte … OMG.

Ich sitze im Apartment von Freunden und starre aufs Meer. Auf den Südfranzösischen Atlantik, genauer gesagt. Den Teil davon, den man vom Örtchen Mimizan-Plage aus sieht, noch genauer gesagt. Die Sonne scheint und die Wellen rollen gemütlich an den Strand.

Das Wasser ist immer in Bewegung, und es scheint, als hätte es einen Charakter. Mal kommt es entspannt herangeschwappt, und man kann durch das hellblaue Nass bis auf den Meeresboden schauen. Dann, vielleicht schon am nächsten Tag, krachen große dunkelblaue Rollen an den Strand, und das Spray der tiefblauen Riesenwellen verleiht dem Ozean etwas Wildes, fast Löwenhaftes.

Ich schmunzele. Über was, weiß ich selbst nicht so genau. Über das Leben. Über die Bewegung im Leben. Über meine Naivität. Über Zufälle. Und dass sie vielleicht keine sind. Über den ganzen Wahnsinn der letzten Monate.

Über all die krassen Sachen. Und über die Ruhe, mit der ich hier nun sitzen kann, während ein Kätzchen sich schnurrend und wärmend an mich lehnt. So, als wäre nichts gewesen.

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The Day of no Return.

Es ist der 25. Juli 2023. Noch sitze ich in einem Surf-Haus in Seignosse (Südfrankreich, Atlantikküste) und arbeite ein paar meiner Aufträge ab. Bald muss ich wieder nach Deutschland. Aber ich habe einen Plan.

Vor ein paar Wochen habe ich entschieden, für unbestimmte Zeit nach Frankreich in ein kleines Dörfchen zu ziehen und meine berliner Wohnung dafür ganz aufzugeben.

Mit Blick auf die Wohnungssituation in Berlin wäre die vernünftige Variante die der Untervermietung gewesen. Aber mittlerweile wir wissen ja alle, dass die vermeintlich vernünftigen Varianten nicht so meins sind. Dafür bezahle ich ja auch meist brav meine „Quittungen“ (Geld, Nerven, Stress …).

Doch es ist noch mehr, es geht darüber hinaus. Ich brauche den Schnitt, dieses Gefühl, dass ich nichts zurücklasse, außer ein bisschen Glitzer auf dem Boden der Tatsachen.

Ich denke auch, dass solche Entscheidungen sehr individuell sind und damit gebe mich mit dieser Rechtfertigung für meine fragwürdige Entscheidung erstmal zufrieden.

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