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Layover: Die Kraft der Zufallsbegegnungen

Es war eine unruhige Nacht. Etwas benommen krabbele ich in voller Montur, Daunenjacke und etwas zu tief im Gesicht hängender Mütze aus meinem Van.

Am Abend zuvor bin ich auf einem Campingplatz kurz vor der spanischen Küstenstadt Huelva gestrandet. Vielleicht ist „gestrandet“ etwas übertrieben, aber ganz geplant war der Stopp nicht. Zumindest hätte ich vor 24 Stunden noch nicht damit gerechnet, hier zu landen. Aber was war auf dieser Reise (all meinen Reisen …) schon geplant.

Spanischer Reise-Traum mit Hindernissen

Eigentlich sollte es ein spanischer Traum werden, mein Roadtrip (Einsatz: Kastanietten-Geklacker). Und das war es zum größten Teil auch. Mein Herz geht auf, wenn ich an die zwei Wochen im schnuckeligen Conil de la Frontera denke, die ich bei einer guten Freundin (Liebe geht raus an Sarah, no puedo más!) verbrachte. Gemeinsame Surf-Sessions und Film-Abende prägten die Zeit.

Trotzdem blieb, nachdem ich alleine weiterreiste, das Gefühl, sich auf dem richtigen Weg zu befinden, „richtig“ zu sein, am Ende aus.

Warum, unklar. Rückblickend würde ich sagen: Mir fehlte Leichtigkeit – und das ausgerechnet in einem Land, das für seinen entspannten Vibe und seine Lebenslust bekannt ist (Einsatz: Temperamentvolle Gitarrensounds). Ich wollte es so sehr fühlen, dass ich umso verwirrter zurückblieb, als das Gefühl nicht kam.

Tarifa: Traumziel für (Wind)Surfer:innen und Van-Life blieb ein Traum

Mein erstes Ziel nach dem Besuch bei meiner Freundin: Tarifa, eine für Windsurfing und Van-Life bekannte Stadt im südlichen Zipfel Spaniens. Von einigen gelobt und empfohlen, quasi zum Hängenbleiben prädestiniert (und ein echtes Natur- und Windsurfingparadies!), konnte ich nicht viel damit anfangen.

Ich genoss einen Tag in der unglaublichen Natur, die sich um die Stadt herum zieht (Nationalparks mit wahlweise Gebirge, Wäldern und Blick auf den Atlantik), wurde aber mit dem Ort selbst nicht warm. Das kann passieren, ich hatte das schon oft auf Reisen und kann mit solchen Situationen eigentlich umgehen. Doch in dem Moment überforderte es mich.

Richtungswechsel: Mit dem Van Richtung Portugal

Eines Nachmittags kam mir der Gedanke, einfach weiterzufahren. Zugegeben, für so viel spontanes „Nägel mit Köpfen machen“ bin ich nicht bekannt, aber mein Bauchgefühl kann irgendwas in mir aktivieren, dass mich antreibt. Bei Bedarf auch mal im Gallopp.

Ich fuhr also leicht ziellos wieder zurück Richtung Norden, als ich mir das erste mal ernsthaft Gedanken über Portugal machte.

Portugal? Zwar hatte ich mir vorab („nur sicherheitshalber“ – ist klar) Empfehlungen für Campingplätze und Orte eingeholt, aber so richtig sicher war es nicht in meine Reisepläne involviert.

Nach zwei Stunden zwischen Gedanken der ultimativen Freiheit (ich kann fahren, wohin ich will) und der Unsicherheit (ich weiß aber nicht, wohin), entschied ich mich final und bog bei Sevilla Richtung Portugal ab.

Camping bei Huelva: Zufallsbegegnung zwischen Disko und Dusche

Kurz vor Huelva fing es an zu dämmern, und da ich ungerne bei Lidl übernachten wollte, steuerte ich den nächstbesten Campingplatz an – eine reine Zufallswahl.

Das Schöne: Der Platz war voll mit spansichen Tourist:innen (ich mag die Sprache um mich herum). Das Unschöne: Spanische Touristen mögen Ibiza-Sounds, und zwar all night long 😀

So kam es zur meiner anfangs beschriebenen „ich-krieche-etwas-groggy-aus-dem-Van-Performance“.

Wenn ich erst abends ankomme und nur eine Nacht bleibe, denke ich manchmal, dass sich das nicht wirklich lohnt. Nicht nur beim Van-Life, sondern generell. Man kommt an, isst, schläft, duscht (vielleicht) und fährt weiter. So fühlt es sich zumindest an, denn man guckt nicht genau hin. Man nimmt die Atmosphäre oder Menschen nicht bewusst wahr. Dazu bleibt keine Zeit. So ist es auch an diesem Morgen …

… bis „Moin, du kommst auch aus Berlin!“ mir ein Berliner in Dusch-Outfit über den Weg läuft.

So sehr ich es mag, wenn Campingplätze möglichst international aufgestellt sind – in diesem doch leicht verunsicherten Moment meiner Reise auf einen vertrauten Akzent aus Deutschland zu treffen, wirkt wie Balsam auf meiner Seele.

Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass er zum ersten Mal ein ganzes Jahr im Wohnmobil gelebt hat. Er arbeitet als Software-Entwickler und ist remote angestellt. Doch er macht auch eine Ausbildung zum Fallschirmsprung-Lehrer. Deshalb ist er genau in dieser Ecke Spaniens.

Wir unterhalten uns bestimmt 30 Minuten spontan über das Leben im Van, übers Arbeiten von überall aus, die Höhen, die Tiefen, über meine Unsicherheiten (er steht immer noch im Dusch-Poncho und Aldi-Tüte da …). „Es gibt immer einen Weg, du machst schon alles richtig“, bestärkt er mich.

Wir verabschieden uns und ich düse hoch motiviert nach Portugal.

Vielleicht war es auch eine Einstellungsfrage, aber von da an läufts.

Zufallsbegegnungen mit Schubkraft

In Portugal werde ich noch viele solcher kleinen, aber einprägsamen Zufallsbegegnungen haben. Rückblickend hatte ich sie auch in Spanien schon. Mal auf dem Campingplatz, mal im Wasser beim Surfen, mal durch Zufall beim Einkaufen.

Und am Ende sind es auch diese kleinen, zufälligen Begegnungen, die mir zeigen, was möglich ist. Die mich antreiben, mich, gemeinesam mit meinem Bauchgefühl, in die richtige Richtung schieben. Menschen, die es vorleben. Deshalb ist keine Übernachtung Zeitverschwendung. Jede Etappe, jeder Richtungswechsel, und erscheinen sie noch so unnötig, sind wichtig dafür, (m)einen Weg zu finden.

Enjoy

Tina

Tina etwas Gutes tun

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