Blaue Sitze im Zug
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Adventure-Game Zugreise, Endgegner: Deutsche Zugreise-Unternehmen

Ich stehe am Aachener Hauptbahnhof und frage mich, ab welchem Moment eingefrorene Füße wirklich kritisch werden können. „Das dauert“, habe ich den Kommentar einer Freundin im Ohr. Für den Moment halte ich mich daran fest.

Ich spüre meine seit einer ganzen Weile nicht mehr, denn ich habe a) das falsche Schuhwerk für Deutschland an und b) hab mich trotz schlechter Reviews und Erfahrungswerte wieder mal aufs Adventure-Game Zugreise eingelassen.

Spiel-Start: Kölner Hauptbahnhof

Heute Morgen war klar, dass der Zug einer internationalen Zuggesellschaft, nennen wir ihn „Zug E“, der mich von Köln nach Paris bringen sollte, bereits so viel Verspätung haben würde, dass ich meinen Anschluss nach Bordeaux definitiv verpassen würde. Ich wusste also, dass ich schon am ersten Level des Spiels Zugreise scheitern würde, bevor ich überhaupt eingestiegen war. Man könnte sagen, das ist „Next Level“, aber im Grunde sind wir es ja leider gewohnt.

„Da fährt aber normalerweise auch noch ein Zug früher“, brachte mich eine Freundin auf eine hoffnungsvolle Alternative. So dackelte ich morgens um sechs bei gefühlt minus 100 Grad mit meinem 50-Kilo-Koffer (zum Glück übertreibe ich ungern) zum Kölner Bahnhof. Das Erste, was ich dort sehe: Der Zug E nach Paris um 6:44 Uhr fällt aus. Surprise!

Durch die Geheimtür nach Aachen oder: Regio statt erste Klasse!

Doch dann finde ich eine Geheimtür im Spiel: Den in kaltem weißen licht leuchtenden Eingang zum Reisezentrum eines nächsten Zugreiseunternehmens, nennen wir es „Zug D“, wo mir eine Mitarbeitende selbstbewusst eine Alternativ-Verbindung schildert. Stimmt, warum bin ich nicht selbst auf die mit drei Umstiegen beladene Geheim-Verbindung gekommen?!

Das Hoffnung steigt. Aber auch der Gaming-Adrenalin-Pegel. Anstatt, wie auf meinem Ticket „1. Klasse Köln-Paris direkt“, soll ich nun mit einem Regionalzug erstmal nach Aachen. Dort würde ich in einen schnelleren Zug bis Brüssel steigen und einen frühere Verbindung nach Paris erreichen – und damit auch meinen Anschluss nach Bordeaux. Spiel-Tag gerettet – vielleicht.

Ich sage lebewohl zu meiner Direktverbindung mit Premium-Platz in Zug E und schalte mir das nächste Level frei: Natürlich muss ich das zusätzliche Ticket für den schnelleren Zug D nach Brüssel bezahlen, weil es zwei unterschiedliche Reise-Anbieter sind und ich ja nun auf meinen Erste-Klasse-Platz im Zug E verzichte. Den Regio bezahle ich nur nicht, weil ich noch ein Deutschland-Ticket in Petto habe. Die Ironie kennt keine Grenzen im Adventure-Game Zugreise.

Das erkennt auch die Mitarbeitende im Reisezentrum. „Viel Glück“ und einen mitleidvollen Blick gibt sie mir als gratis Goodie mit auf den Weg.

Die neue Spiel-Strategie erweist sich mit jedem Blick auf die Anzeigetafel in Köln als tückisch: Der Regionalexpress hat bereits bei Abfahrt einige Minuten Verspätung und sammelt nochmal beachtliche 30 Minuten auf dem Weg nach Aachen ein.

Verfrorene Hoffnung auf Weiterreise: Game over im zweiten Level?

Kurz: Als ich in Aachen ankomme, ist der gewünschte Anschluss bereits auf dem Weg nach Brüssel – und zwar ohne mich. Level 2: Nicht geschafft. Damit ist klar, dass ich den Anschluss nach Bordeaux nicht mehr erwische und mir den Umweg hätte sparen können. Verbleibendes Leben: Der Zug E nach Paris, den ich ursprünglich (!) in Köln nehmen wollte, denn der fährt zum Glück auch über Aachen.

Fragt sich nur  … wann. Denn so schnell wie er auf der Anzeigetafel aufgetaucht war, ist er auch wieder verschwunden. Niemand weiß etwas – klar, denn wir sind ja auch schon im höheren Spiele-Level.

Statt also – wie ursprünglich geplant – auf meinem gemütlichen, ruhigen Platz in Zug E zu sitzen und Kaffee zu trinken, friere ich mir in Aachen die Füße weg und suche verzweifelt nach einem Cheat-Code (cheaten=schummeln). Gut, dass ich für die Aktion sogar noch draufgezahlt habe. Anscheinend habe ich damit die Special Edition des Adventure-Games Zugreise erworben.

So geht wohl das Spiel Bahnfahrt: Bringe viel Geld mit und traue niemandem, der dir auch nur ansatzweise eine vermeintliche Lösung präsentiert, selbst wenn das Licht des Reisezentrums noch so grell leuchtet.

Da sich dieses Mal kein geheimes Portal öffnet, verbringe ich die erste Stunde Warten in einem Café gegenüber vom Bahnhof, dessen Türen bei Temperaturen um den Nullpunkt sperrangelweit offenstehen. Wahrscheinlich soll es sich niemand zu gemütlich machen, schließlich heißt es „Adventure-Game“ Zugreise und nicht etwa gemütliche Gondelfahrt.

Ich gehe zurück zum Gleis und komme mit einer Gruppe ins Gespräch. Mein Blick bleibt an der Handtasche einer Frau hängen, aus der verheißungsvoll der goldene Hals einer Prosecco-Flasche hervorguckt. Mädels-Wochenende in Paris war der Plan. Kurz überlege ich, ob das der Cheat-Code ist: Gemeinsam eine Mitfahrgelegenheit nach Paris suchen und Prosecco trinken.

Und dann passiert es doch noch: Zug E fährt nach ca. zwei Stunden verheißungsvoll wie der Hogwarts-Express ein und reißt mich aus meinen blubbernden Prosecco-Gedanken. Alle sind einfach nur dankbar, dass überhaupt noch ein Zug kam.

Zugreise durchgespielt: Schlecht umgesetztes und überteuertes Strategiespiel mit unrealistischem Aufbau

Im Zug sitze ich die erste halbe Stunde mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Stress wie angewurzelt auf meinem Platz. Als ich einen Kaffee UMSONST bekomme, bin ich fast etwas misstrauisch. Ich hatte vergessen, dass ich erste Klasse gebucht hatte.

In Paris angekommen, muss ich für weiteres Geld (!) das nächste Level freischalten, denn mein ursprüngliches Ticket bis Bordeaux hat seine Gültigkeit verloren. Immerhin: Ich erwissche den allerletzen Zug des Tages.

Kaum zu glauben: Ich habe das Spiel entgegen aller Erwartungen noch am selben Abend durchgespielt und die Atlantik-Küste in Frankreich erreicht, was ich sehr viel Glück, unglaublich lieben Freunden und vor allem (!) einer aufgeladenen Kreditkarte zu verdanken habe.

Die Reise war anstrengend, ätzend, kostete VIEL mehr Geld als nötig oder geplant, aber brachte mich immerhin mit Menschen in Kontakt und vor allem nach Hause.

Spoiler: Ich renne natürlich noch immer einer Entschädigung hinterher. Game-over!

Enjoy

Tina

Tina etwas Gutes tun

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Christiane Grübbel, der „Schattenmut“ und ich: Besonders in jeder Hinsicht

„Es ist da!“, schreibt mir Christiane. Aufregung. Alle Armhaare stellen sich auf. Wir springen zusammen durch den Raum, wenn auch jede in ihrer eigenen Wohnung. Hibbelig laufe ich durch meine Wohnung – also maximal 10 Sekunden von einer und dann wieder in die andere Richtung (Kleine Einzimmer-Wohnung). Irgendwie habe ich das Gefühl, meine Aufregung braucht mehr Raum. Aber das muss warten, bis ich Christiane das nächste Mal persönlich treffe.

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